26. Mai 2021
Verhaltensdimensionen
Ja, ein Missverständnis ist so eine Sache. An einem Beispiel zeige ich, wie die Fehleinschätzung bei einer Dir unbekannten Person vermieden wird.

Vor Corona ein jedes Jahr mehrfach gehörter Satz: „Heute geht‘s zum Hamburger Dom“. Im Frühjahr der Frühlingsdom (Frühlingsfest). Der Sommerdom (Hummelfest) und im Winter der Winterdom (Dommarkt) – er stimmt die Besucher auf die Weihnachtszeit ein.
Mittwochs ist Familientag. Für die Fahrgeschäfte gelten Sonderpreise. Es ist bestes Sommerwetter. Ich hole Diana von der Kita ab. Spontan sind wir Richtung Heiligengeistfeld unterwegs.
Die Kleine freut sich diebisch. Den ganzen Weg redet sie ununterbrochen. Zweimal werde ich lauter. „Halt endlich mal die Luft an!“ – jetzt konzentriere ich mich auf den einsetzenden Feierabendverkehr. Auf St. Pauli angekommen schreit Diana: „Hier ist ein Parkplatz – nimm den!“ Scharf bremsen. Passt! Die Parklücke ist wie für uns reserviert. Beide raus aus dem Auto und rauf auf das Domgelände. 160.000 m2. Das größte Volksfest im Norden.
Sofort erfasst uns die in der Luft wabernden Duftwolken … gebrannte Mandeln und Schmalzkuchen. Vom Grill die Würstchen und Steaks. Der Geruch von den vielen Leckereien. Schausteller, wie Hau den Lukas. Nach einer halben Runde Fußmarsch, vorbei an den unzähligen Fahrgeschäften und Fressbuden, erreichen wir das nostalgische Kinderkarussel. Der Zug an meiner Hand wird kräftiger. Diana will mitfahren – unbedingt! Gemeinsam kaufen wir die Fahrchips. In einem angemessenen Abstand warte ich. Schaue ich mir die Szene an.
Mein Job ist, Menschen zu beobachten, ihr Verhalten studieren. Ich warte auf Diana. Drei weitere Kinder fallen mir auf. Sie stehen hinter Diana in der Warteschlange. Ein Junge mit einer dünnen grünen Jacke, ein Mädchen mit einem gelben Pullover und ein etwas größerer Junge mit einer blauen Hose.
Mir fällt auf, Diana hat ihr rotes Käppi aufgesetzt.
Die Musik wird leiser. Das Karussell langsamer. Und hält. Dianas Hand drücke ich etwas fester – sie zieht und zerrt. Sie will schon mal loslaufen. Der kleine Knirps mit der grünen Jacke steht eng bei seiner Mutter. Das Mädchen mit dem gelben Pullover hüpft neben ihrem Opa auf und ab. Sie strahlt übers ganze Gesicht. Der Junge mit der blauen Hose ist etwas abseits von seiner Oma. Und Diana bekommt einen starren Blick. Konzentriert auf ihr Ziel gerichtet – das weiße Pferd mit der schwarzen Mähne.
Diana ist nicht zu bremsen. In der einen Hand hat sie den Fahrchip fest umklammert. Sie läuft quer über das Karussell zum weißen Pferd. Das Mädchen mit dem gelben Pullover hat die gleiche Idee – aber Diana ist schneller und schwingt sich triumphierend auf das Holz-Pferd. Das Mädchen mit dem gelben Pullover schlängelt sich zu einem anderen Pferd, zu einer Kutsche und wieder zu einem Pferd. Sie kann sich nicht entscheiden. Der Junge mit der grünen Jacke trottet langsam mit seiner Mutter an der Hand in Richtung eines roten Pferdes. Er guckt sie fragend an – sie nickt und er setzt sich hinauf.
Und der Junge mit der blauen Hose? Er steht am Rand und überlegt. Ich erkenne, dass er einen Entschluss fasst. Er will losgehen, da spielt schon die Musik. Das Karussell setzt sich langsam in Bewegung. Schafft er es bei der nächsten Runde? Diana sitzt mit einem Leuchten auf ihrem Gesicht auf dem weißen Pferd und winkt mir bei jeder Umdrehung zu.
Hast Du die vier Verhalten erkannt? Bevor wir sie uns näher ansehen, eine Erläuterung:
Persönlichkeitsmerkmal (Charaktereigenschaft) ist ein Begriff aus der Persönlichkeitspsychologie. Jeder Mensch verfügt über Individuelle Merkmale: Beispielsweise die Farbe der Augen, Körpergröße; genetische Veranlagung für eine Krankheit; das Temperament. Welche Stärken und Begrenzungen sind vorhanden.
Das ist der innere Kreis des Zwiebelmodells.
Der zweite Kreis wird von den persönlichen Überzeugungen, Werten und Lernerfahrungen gebildet. Sie werden durch die Eltern,

Großeltern, dem Kindergarten und der Schule, dem Freundeskreis dem Klima/der Kultur, in der ich aufwachse, geprägt. Bis hin zur ersten Ausbildung.
Die Kernpersönlichkeit ist generell gefestigt. Das Leben stellt uns immer wieder vor neue Herausforderungen. Die bekannteste Entwicklungskrise sind die Jahre der Pubertät.
Wie viele Geschwister hast Du? Zwei oder drei Kinder? Überleg mal – handeln alle gleich? Die Antwort der Teilnehmer aus meinen Vorträgen, Seminaren und Coachings: „Nein!“. Sie verhalten sich unterschiedlich. Bei uns zu Hause ist das ebenso. Frage: Welches Erziehungsmodell bevorzugen wir? Werden die drei Mädchen so erzogen, wie sie unserer Persönlichkeit entspricht? Sind wir der Meinung, wir können es besser. Oder passen wir der Erziehungsstil so an, wie unsere Kinder ihn brauchen? In einem der nächsten Beiträge erzähle ich mehr dazu.
Der dritte und letzte Kreis ist die Reaktion des Menschen auf seine Umwelt. Tritt die Kernpersönlichkeit mit der Umwelt in Kontakt, werden die oberflächlichen Wesenszüge der Persönlichkeit deutlich: Das Verhalten ist die Reaktion des Menschen auf sein Umfeld.

In meiner Arbeit verwende ich das Jahori-Fenster. 1955 entwickelten die US-amerikanischen Sozialpsychologen Joseph Luft und Harry Ingham das Modell. Die Unterschiede zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung sind dargestellt. Der beschriebene dritte Kreis ist Teil der ARENA. Der öffentliche Raum. Hier finden sich alle Informationen, die mir bewusst und anderen Personen bekannt sind.
Jetzt aber erst einmal zurück zu der kleinen Geschichte von Anfang. Die vier Kinder zeigen unterschiedliche Verhaltensdimensionen. Diana mit dem roten Käppi zeigt die „Verhaltensdimension Dominat“. Das Mädchen mit dem gelben Pullover zeigt die „Initiative-Verhaltenssimension“. Der Junge mit der grünen Jacke verhält sich „Stetig“. Und der Junge mit der blauen Hose? Er verhält sich nach der „Verhaltensimension Gewissenhaft“.
Jeder von uns trägt die vier Dimensionen in sich. Verschieden ausgeprägt.
Menschen mit einer hohen dominanten Ausprägung sehen Herausforderungen, die zu überwinden sind. Sie denken, stärker zu sein, wie diese Herausforderungen. Sie versuchen Dinge zu ändern, in Ordnung zu bringen oder zu steuern. Sie sind entschieden, schnell, entschlusskräftig, schreiten voran und zeigen Ziele auf. Wie Diana mit ihrem weißen Pferd.

Verhaltensdimension initiativ: Sie versuchen, ihr Umfeld zu beeinflussen. Sie haben das Gefühl, in einer freundlichen Umgebung belastbar zu sein, andere von ihren Ansichten zu überzeugen und meinen, dass sie ihnen folgen. Initiativ geprägte Menschen sind begeisternd, enthusiastisch, gesprächig, gesellig, offen und ideenreich. Viele Sachen finden sie einmalig, entscheiden sich aber nicht. Das ist das Problem des Mädchens mit dem gelben Pullover.
Menschen mit einer hohen stetigen Ausprägung stellen sich auf Veränderungen nur langsam ein. Sie sind der Ansicht, dass alles in Ordnung ist, wie es ist, und nichts geändert wird. Sie sind freundlich, achten auf jeden im Team, zeigen Wertschätzung und Vertrauen für sie wichtige Personen. Wie der Junge mit der grünen Jacke.
Und der Knirps mit der blauen Hose? Menschen wie er, mit der Verhaltensdimension gewissenhaft, analysieren penibel. Sie verfolgen hohe Standards und haben feste Regeln, um ihre Ziele zu erreichen. Sie sind höflich und genau, legen Wert auf Qualität, halten sich an Konventionen und bevor sie handeln, durchdenken sie die Dinge sorgfältig. Darum hat der Knirps die Fahrt verpasst.
Willst Du mehr über das Karussell der Charakter erfahren, komm immer mal wieder auf meiner Seite vorbei. Ich helfe Dir zu verstehen, wie einmalig jeder ist, wie du schnell erkennst, wie jemand tickt und wie Du an Deinen Stärken arbeitest.
Ich wünsche Dir einen tollen Tag.
