25. Oktober 2021
Wie kann ich mich – mein Verhalten – ändern?
Offener sein oder weniger stressanfälliger: Mit den richtigen Strategien lässt sich die Persönlichkeit bei Erwachsenen verändern. Unsere Wesenszüge sind nicht in Stein gemeißelt. Eine 180-Grad-Drehung ist nicht drin.
Hier die Geschichte über den Inhaber eines Garten- und Landschaftsbau- Betriebes. Dirk hat den Beruf von der Pike auf gelernt: Lehre, Studium und BWL draufgesattelt. Demnächst feiert er das 25-jährige Bestehen. Sein Ziel: Noch zehn Jahre will er aktiv im Unternehmen tätig sein.
An einem sonnigen, warmen Freitagnachmittag treffe ich Dirk. Wir sitzen vor seinem Bürogebäude in einem kleinen lauschigen Gärtchen. Ringsum verschieden Büsche und exotische Sträucher. In der Mitte ein Teich. Das ist der richtige Ort, wo wir entspannt die arbeitsreiche Woche bei einem Glas Wein ausklingen lassen können. Mit einem konkreten Hintergrund.
Dirk will, dass ich ihm seinen Laden auf Vordermann bringe. Was immer er damit meint.
Zielstrebig ergreift er das Wort: „Unzählige Mitarbeiter, Führungskräfte und Berufskollegen begleitest Du in den letzten Jahren. Im Coaching und Training; bei der Entwicklung ihrer Persönlichkeit. Die Kollegen sagen, mit großem Erfolg. Was zeichnet aus Deiner Sicht einen erfolgreich arbeitenden Menschen ganz allgemein aus? Und was kann ich ändern?“
Meine Antwort ist kurz und präzise: „Die Frage nach dem Erfolg ist so alt wie die Menschheit. Ich bin überzeugt: Einen Königsweg gibt es nicht. Erfolg ist das Ergebnis eines individuellen Bemühens. Dazu gehört ein realistisches Selbstbild“. So verschieden die Menschen sind, so unterschiedlich sind ihre Wege zum Erfolg.
Dirk braucht Lösungen: „Was kann ich tun?“ Mit ein bisschen Resignation in seiner Stimme fährt er fort: „Vielleicht kannst Du mir helfen, meine Mitarbeiter auf die Spur zu bekommen. Langsam bin ich am Ende meiner Geduld“, sagt er. Ich merke ihm an: Er ist ungehalten. Der wirtschaftliche Aspekt macht Dirk Sorgen: Die Reklamationsquote steigt in der letzten Zeit an. Durch die damit erforderlichen Nacharbeiten sinkt die Rentabilität bei einigen großen Kundenprojekten gegen null. Und seinem guten Ruf schadet das. Das Betriebsklima ist im Keller. Der Krankenstand ist zu hoch.
Eine Situation, die ich aus vielen Erstgesprächen mit meinen Kunden kenne. Ob Inhaber, Geschäftsführer, Team- und Projektleiter – das für sie wichtigste Ziel: „Die Mitarbeiter müssen endlich effizienter arbeiten.“
Schuld am Desaster und der Unzufriedenheit sind immer die anderen! Die anderen schütten den Sand in das Getriebe. Vor allem und zuallererst müssen sich die anderen ändern! Dabei ist es hilfreich, mehr über sich selbst und sein Verhalten zu wissen.
Dirk hat eine sehr hohe Dominante Verhaltenstendez. Das Credo von Menschen mit dieser Verhaltenstendenz: „Ich weiß was ich will und setze mich dafür ein.“ Aber das weiß er jetzt noch nicht.
Nach dem Erstgespräch mit Dirk will ich mir an einem der nächsten Tage einen persönlichen Eindruck vor Ort in seinem Betrieb verschaffen. Wir vereinbaren einen Termin an einem Montagmorgen.
Warum, frage ich mich verschlafen, beginnen Landschaftsgärtner im Sommer um 6 Uhr zu arbeiten? „Besser, halb sechs! Für die Arbeitseinteilung“ habe ich im Ohr, als ich den Termin mit Dirk vereinbare.
Mein Wecker klingelt. Bevor ich ins Bad gehe, wird die Kaffeemaschine angeschaltet. Der Tag beginnt für mich an diesem Montagmorgen exakt um 4:30 Uhr. Pünktlich um sechs Uhr soll die Arbeitseinteilung für den Tag beginnen. Die Mitarbeitenden nennen das morgendliche Ritual „Befehlsausgabe!“
Geplant sind von Dirk – neben der „Befehlsausgabe“ am frühen Morgen – ein Vorstellungsgespräch mit einem Baustellenleiter, der Besuch auf zwei laufenden Baustellen und ein Akquisitions-Gespräch.
Um 5:30 Uhr parke ich vor dem Büro. Gehe rüber in die Halle. Dirk kommt um 5:35 Uhr. Die Vorarbeiter, einige der Helfer, trudeln verschlafen nach und nach ein. Kein Lächeln im Gesicht; niemand macht eine fröhliche Bemerkung. So richtig „Bock“ auf ihren Job haben sie heute offensichtlich nicht. Das schlechte Betriebsklima erkenne ich sofort am allgemeinen Verhalten. Mit dem „Haufen“ hätte ich keine Lust zu arbeiten – denke ich bei mir.
Die Glocken der nahegelegenen Kirchturmuhr schlagen sechsmal. Punkt genau betreten Dirk und ich den Besprechungsraum. Ein kurzer Gruß, „Moin – Alle hier? Jemand krank?“, in die Runde der etwa 25 Mitarbeiter. Kurz und knapp. Fragt, ob es Freitag besondere Vorfälle auf einer der Baustellen gab. Keine. Das spart Zeit! Übergangslos verkündet er die Arbeitseinteilung an die Vorarbeiter. Verteilt die Arbeitszettel und Lieferscheine. „Noch Fragen?“ Niemand meldet sich. Knapp 10 Minuten sind vergangen. „Na, denn los!“ Wünscht einen erfolgreichen Tag. Dirk verlässt die Runde.
Aus dem hinteren Eck der Halle beobachte ich die Szene. Es ist skurril. Niemand hat einen Block, ein Stück Papier oder einen Kugelschreiber bei sich. Warum nicht? Die Mitarbeiter sind davon ausgegangen, „Heute“ wird keine neue Baustelle eingerichtet. Bin gespannt, wie sich das entwickelt. Am Verhalten erkenne ich, zwei der Vorarbeiter haben Dirks Anweisungen „verstanden“. Sie „ticken“ ähnlich wie ihr Chef.
Niemand hat sich Notizen gemacht, hat eine Frage. Meine Erfahrung sagt mir, sie können nicht alle Einzelheiten, die Dirk als Anweisungen oder Hinweise vorgetragen hat, im Kopf behalten. Sie haben im Kopf: „Heute keine neue Baustelle. Alles wie letzte Woche“.
Die Arbeitszettel enthalten keine Hinweise auf Besonderheiten, auf die bei einem oder anderen Kunden „Heute“ geachtet werden muss. Vor Beginn der Arbeitseinstellung hat Pedro, einer der Vorarbeiter, mit Dirk einige Fragen zu seinen aktuellen Baustellen geklärt.
Eine Gartenanlage in Groß-Flottbek wird komplett neu gestaltet. Ab heute werden die Wege mit kleinen Natursteinen gepflastert. Das Besitzerehepaar ist sehr penibel. Sie legen außerordentlich großen Wert auf die exakte Einhaltung der in den Plänen und Zeichnungen angegebenen Maße und Reihenfolgen, wie die Wege gebaut werden sollen.
Pedro ist in seinem Verhalten sehr gewissenhaft geprägt. Damit ist er genau der Richtige Verantwortliche für dieses hochwertige Objekt. Er hinterfragt bei dem Chef, was der mit dem Ehepaar besprochen hat. Für Dirk ist alles klar. Gibt zu wenige – im schlimmsten Fall keine – Details weiter. Das führt dann häufig zu den Reklamationen seitens der Auftraggeber. Und Dirk ist erstaunt, dass seine Leute nach eigenem Ermessen arbeiten.
Was hat Dirk für heute noch auf seinem Zettel? Zettel? Hat er natürlich nicht. In seinem Terminbuch stehen die Termine – also die Uhrzeiten. Alles andere hat er im Kopf!
Um neun Uhr erwartet er einen Bewerber. Dirk will schnellstens einen weiteren Bauleiter einstellen. Wir treffen uns in einem Cafe mit dem vielleicht zukünftigen Mitarbeiter. Ein nettes Gespräch – aber es wird nicht zu einer Zusammenarbeit kommen.
Für 12 Uhr ist das Abschlussgespräch bei einem potenziellen neuen Kunden eingeplant. Die Chancen, den Auftrag zu erhalten sind sehr gut.
Im Anschluss daran folgt eine Bestandsaufnahme im Garten eines Einzelhauses. Für die Eigentümer waren die Mitarbeiter im letzten Jahr tätig. Weitere Schönheitsarbeiten sollen demnächst durchgeführt werden. Dirk macht sich Notizen und Fotos, scherzt mit den Kunden und verspricht eine schnelle Angebotserstellung.
Die Außentermine sind dann erledigt. Das ist eine der persönlichen Stärken von Dirk. Draußen – vor Ort sein. Akquisition – intensive Fach-Gespräche mit potenziellen Kunden führen. Ideen – manchmal auch Visionen – gestalterischer Art vortragen. Seiner Kreativität freien Raum lassen. Skizzen, Zeichnungen und Pläne erstellen. Angebote präsentieren. Dann ist er in seinem Element.
Und die Baustellen kontrollieren. Ein wichtiger Aspekt seiner Aufgaben als passionierter Landschaftsgärtner. Werden die mit dem Auftraggeber vereinbarten Qualitätsvorgaben eingehalten? Verhalten sich seine Mitarbeiter gegenüber den Kunden „ordentlich“? Er will über alles informiert sein – will wissen, ob alles in seinem Sinne läuft. Sein Credo: „Kundenorientierung“!
Es gibt viel zu tun. Ein geflügeltes Wort von Dirk: „Keine Zeit!“ Und das im doppelten Sinn. Eine Unmenge an innovativen Ideen schwirren in seinem Kopf herum. Der Berg der Aufgaben wird ständig größer.
Delegieren gehört nicht zu seinen Stärken!
Übrigens: Delegieren ist eines meiner nächsten Themen hier im Blog.
Auf dem Weg ins Büro fragt mich Dirk, welchen Eindruck ich habe und ob seine Leute alles verstanden haben. Ich stutze – mir ist sofort klar, es ist die typische Frage eines hoch dominanten Verhaltens. Die Mehrzahl der Vorarbeiter machte einen ziemlich verlorenen Eindruck während der „Befehlsausgabe“. Dirks Kommandosprache haben alle gehört – aber nicht verstanden. Und nicht gefragt! Die unterschiedlichen Verhaltenstendenzen der Mitarbeitenden brauchen eine entsprechende Ansprache.
Für Dirk ist es an der Zeit, sich darüber im Klaren zu werden, dass nur mit einer situativen und ihm angemessenen Verhaltensänderung eine grundlegende Verbesserung der Situation möglich wird. Drei Voraussetzungen müssen für einen derartigen Prozess gegeben sein:
1. Bereit sein für Veränderung
Ohne Veränderung gibt es kein Weiterkommen. Das bedeutet, die eigene Komfortzone zu verlassen und zunächst ins Ungewohnte und Herausfordernde einzutauchen.
2. Fähigkeiten wahrnehmen wollen
Der Aufbau von Fähigkeiten und das Wissen darüber wird manchmal als anstrengend erlebt. Fähigkeiten sind Ressourcen, die mir helfen, meinen Arbeitsalltag zu bewältigen.
3. Der Wille, sich auf das Thema einzulassen.
Es kann sein, dass mir die Konsequenzen der Veränderung nicht gefallen. Vielleicht stellen sich Erfolge manchmal langsamer ein, als gewünscht. Ohne dass die Veränderungen wirklich gewollt sind, ist an diesem Punkt oft „Game Over“. Ich muss mich entscheiden mitzumachen.
Willst Du mehr über das Karussell der Charakter erfahren, komm immer mal wieder auf meiner Seite vorbei. Ich helfe Dir zu verstehen, wie einmalig jeder ist, wie Du schnell erkennst, wie jemand tickt und wie Du an Deinen Stärken arbeitest.
Ich wünsche Dir einen tollen Tag.